Missbrauchsvorwürfe im Bistum Trier: Vorwürfe im Geheimarchiv verschwunden?

Trier. Das Bistum Trier hat offenbar kirchenrechtliche Untersuchungen zu Missbrauchsvorwürfen verschleppt. Das haben Recherchen des WDR 5-Magazins „Diesseits von Eden“ zum Umgang des Bistums mit Missbrauchsfällen ergeben.

Demnach wurden das Bistum und sein damaliger Bischof Reinhard Marx, heute Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bereits 2006 von der Staatsanwaltschaft über Ermittlungen gegen einen Priester informiert, die wegen Verjährung eingestellt wurden.

Auch der heutige Trierer Bischof Stephan Ackermann habe nach WDR 5-Informationen als Weihbischof 2006 von den eingestellten Ermittlungen im Rahmen einer Sitzung erfahren. Der beschuldigte Priester soll einen damals 15-Jährigen sexuell missbraucht haben. Das Bistum legte den Hinweis auf die Ermittlungen gegen den Priester in seinem Geheimarchiv ab.

2013 sowie 2016 ermittelte die Staatsanwaltschaft erneut gegen denselben Priester. Die Verfahren wurden auch eingestellt. Die heutige Bistumsleitung erklärt, sie sei erst mit dem aktuellsten Fall aus diesem Jahr auf das Verfahren von 2006 gestoßen und habe die Akte der Staatsanwaltschaft angefordert. Der Hinweis im bistumseigenen Geheimarchiv sei 2013 nicht bekannt gewesen.

Das Bistum argumentiert zum Vorgehen 2006, es habe damals nach den dann gültigen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz gehandelt. Anders als in den Fassungen von 2010 bzw. 2013 hätten sie nicht vorgesehen, dass in Fällen, die staatliche Ermittlungsbehörden nicht aufklären konnten, die Kirche eigene Ermittlungen anstelle.
Der Kirchenrechtler Georg Bier widerspricht der Auffassung, dass eine kirchenrechtliche Voruntersuchung damals nicht möglich gewesen wäre. Außerdem macht er
auf die Problematik der Geheimarchive aufmerksam, die zu „schwarzen Löchern“ werden können, in denen brisante Hinweise verschwinden.

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