Streit um Wallendorfer Jesuiten in Indien

Das Denkmal des aus Wallendorf im Bistum Trier stammende Jesuitenmissionars Johann Baptist Hoffmann (1857-1928), ein Kämpfer für die Rechte der Eingeborenen Munda-Bevölkerung, steht in Indien derzeit im Zentrum eines politischen Konflikts, ausgelöst von der nationalistischen BJ-Partei.

Trier/Indien. Der Jesuit Johann Baptist Hoffmann (1857-1928) zählt nach Ansicht seines Ordens „zu den ganz großen Missionsgestalten unseres Jahrhunderts”. Er wirkte von 1877 bis 1915 in Indien als Missionar und setzte sich seit 1894 im Hochland von Chota-Nagpur im damaligen Bundesstaat Bihar, dem heutigen Jharkhand,  gegenüber den britischen Kolonialherren für die Rechte der indigenen Stammesbevölkerung der Munda ein. Ein Volk das unter seinen Vorgänger, dem Belgier Constantin Lievens SJ (1856–1893), in großen Teilen das Christentum angenommen hatte.

Der Ort Sarwada, auf dem Hochplateau von Chota-Nagpur westlich von Kalkutta gelegen, wurde zum Zentrum seines Wirkens. Als Pater Hoffmann 1894 in Chota-Nagpur ankam, war es zu Aufständen der Munda Bevölkerung unter deren Stammesführer Birsa Munda (1875-1900) gekommen. Selbst ein Zögling einer Missionsschule wollte er als Wunderheiler und selbst ernannter Prophet der Adivasi-Naturreligion alle Eindringlinge, also neben den Engländern und hinduistischen Landbesitzern auch die Missionare aus Chota-Nagpur vertreiben.

Pater Hoffmann geriet ungewollt zwischen die Fronten dieses Konfliktes und wurde einmal durch einen Pfeil eines Munda-Kriegers verletzt. Nach dem Tode Birsas in einem britischen Gefängnis brachte Pater Hoffmann die Engländer dazu, die traditionelle Landgesetzgebung zu revidieren, so dass zum ersten Mal in der indischen Geschichte die Rechte der alteingesessen Adivasi-Urbevölkerung und nicht mehr nur der fremden Landbesitzer festgeschrieben wurden.

Der „Land Tenancy Act” von 1908, wurde zur Magna Charta für die Rechte der Ureinwohner von Chota-Nagpur. Später widmete sich Pater Hoffmann, der während des 1. Weltkrieges auf britischen Druck hin  nach Deutschland zurückkehren musste, der Erforschung der diskriminierten Sprache und Kultur der Munda Bevölkerung und verfasste eines 15 bändige Enzyklopädie dieses Volkes.

Denkmal im Zentrum eines politisch-religiösen Konflikts
Erst im Dezember 2018 wurde dem Andenken des Missionars, der 1928 in Trier verstorben war, an seiner Wirkungsstätte in Sarwada ein Denkmal gesetzt. Dieses Denkmal ist jetzt ins Zentrum eines Konfliktes mit der nationalistischen Pro-Hindu-Bharatiya-Janata-Partei ( BJP) geraten. Teile der Stammesbevölkerung, unterstützt von der BJP, stellen heute die Rolle von Pater Hoffmann als Vorkämpfer der Underdogs in Frage und konstruieren einen angeblichen Konflikt zwischen ihm und dem Stammesführer Birsa Munda.

Sie behaupten, dass der Missionar gegen die Menschen vor Ort gearbeitet und Stammesgefühle verletzt habe. Die BJP forderte die Entfernung der Büste von Pater Johannes Baptist Hoffmann auf dem Gelände der Pfarrei Sarwada und deren Ersetzung durch ein Denkmal für Birsa Munda. Die BJP behauptet, dass in Wahrheit lokale Stammesführer wie Birsa Munda die Freiheit und Rechte des Munda Volkes erkämpft hätten. Der Führer der BJP unter der Stammesbevölkerung Ram Kumar Pahan, ein Abgeordneter im Regionalparlament, erklärte gegenüber den Medien, dass Pater Hoffmann mit den  Briten die Zivilisation und Kultur der Stammesangehörigen angegriffen habe.

Seine Büste in Chota Nagpur sei deshalb inakzeptabel. In den letzten Jahren war es unter der BJP-Regierung zu einer enormen Aufwertung der Rolle Birsa Mundas, dessen Porträt die Eingangshalle des indischen Parlaments ziert, gekommen.   Hintergrund des jetzigen Konfliktes sind jedoch die im Mai stattfindenden Parlamentswahlen in dem Bundesstaat, der als Zentrum der Adivasi Stammesbevölkerung Indiens gilt. Seit 2014 wird  Jharkhand von Chief Minister Raghubar. Das an der Spitze einer Koalitionsregierung von BJP und All Jharkhand Students Union regiert.

Die BJP wurde zwar mit 30% stärkste Partei, aber ist für eine Mehrheit vor allem auf Stimmen aus der Stammesbevölkerung angewiesen. Raghubar Das ist der erste Chief Minister in Jharkhand, der nicht der Adivasi-Stammesbevölkerung entstammt. Vertreter der katholischen Kirche sagen, die BJP habe absichtlich unlautere Ansprüche gegen den Missionar erhoben, um die Stammesbevölkerung, einen wichtigen Wahlblock in der Provinz Jharkhand, zu spalten. Die BJP habe “kläglich versagt, ihre Versprechen nicht eingehalten und die Hoffnungen der Bevölkerung nicht erfüllt”, sagte Pater Masih Prakash Soy, Sekretär von Bischof Binay Kandulna von Khunti, der christlichen asiatischen Nachrichtenagentur UCA-News.

Indien belegt auf dem Index des Hilfswerks Open Doors in diesem Jahr erstmals einen Platz unter den Top Ten der Christenverfolgung. Die dort regierende hindu-nationalistische Partei BJP von Premier Modi setzt ihren harten Kurs gegen Christen und andere religiöse Minderheiten fort: Anti-Bekehrungsgesetze gelten in acht von 29 Bundesstaaten; christlich geführte Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser und Wohltätigkeitsorganisationen müssen schließen, lediglich Sterbehäuser sind ausgenommen.

So sind 2018 Angriffe auf etwa 100 Kirchen und mindestens 12.500 Christen in Indien dokumentiert worden. Mehr als 200 Christen sind wegen ihres Glaubens verhaftet und mindestens 10 getötet worden.

Konflikt droht auf ganz Indien auszustrahlen
Auch die indische Bischofskonferenz hat sich mittlerweile in den Konflikt, der auf ganz Indien auszustrahlen droht, eingeschaltet. Die große Mehrheit der Stammesangehörigen versteht die Leistung des deutschen Missionars, sagte Bischof Theodore Mascarenhas, Generalsekretär der Katholischen Bischofskonferenz von Indien. Gleichzeitig würdigte Mascarenhas auch gegenüber der „Hindustan Times“ den Stammesführer Birsa Munda, dessen Leistung die Bischofskonferenz vor kurzem in Delhi anlässlich seines 143 Geburtstages ausdrücklich hervorgehoben habe.

Der Bischof sagte, der Protest komme von „einer kleinen Gruppe, die versucht, den Frieden zu stören. Aber die Leute sind nicht dumm … sie wissen, wer was für wen getan hat“. Die Kirche sollte solche Proteste ignorieren, weil diese Gruppen die Absicht haben, die Gesellschaft für politische Zwecke zu spalten. Jharkhand’s Stammesbevölkerung stellt heute 26 Prozent der 33 Millionen Bevölkerung dieses Bundesstaates. Die Stimmen der eine Million Christen, die fast alle zur Stammesbevölkerung gehören,  könnten wahlentscheidend sein. Bodo Bost

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