„AUS“ der Geburtshilfe im Dauner Krankenhaus sorgt für Fassungslosigkeit und reichlich Emotion

Der Kreisausschuss hat Landrat Thiel beauftragt, Kontakt mit dem Krankenhausträger aufzunehmen. Sein Apell an die kaufmännische Dauner Geschäftsführung: „Lassen Sie uns einen Spalt die Tür wieder öffnen. Der Aufschub von einem Jahr soll dazu beitragen, vielleicht doch noch ein tragfähiges  Konzept für die Zukunft zu schaffen, damit die Geburtshilfe im Krankenhaus Daun nicht wie  angekündigt am Jahresende 2018 geschlossen wird.

Daun. Wie emotionsgeladen das kurzfristige AUS der Geburtshilfe im Dauner Krankenhaus von Betroffenen und Nichtbetroffenen aufgenommen wurde, hat die Kreisausschusssitzung am vergangenen Montagabend gezeigt. FWG und SPD hatten einen Dringlichkeitsantrag zum Thema Geburtshilfe in Daun gestellt. Schwangere Frauen, werdende Väter, Mütter, Hebammen, Pflegepersonal und Ärzte waren vor Ort. Landrat Thiel: „Ich bin stolz, dass die Beteiligung zu diesem wichtigen Thema so groß ist“. Der Landrat hat Recht. So voll besetzt war der Sitzungssaal der Kreisverwaltung bei einer Ausschusssitzung noch nie. Abweichend von der Gemeindeordnung erteilte Landrat Thiel auch das Wort an das Publikum. Wer wollte, konnte zum AUS der Geburtshilfe Stellung nehmen, seine Meinung äußern und es durften Fragen gestellt werden.

Zahlreiche Bürger, darunter persönlich Betroffene, nicht Betroffene, aber auch Kreistagsmitglieder ergriffen das Wort. Die Diskussion war sehr sachlich und der Umgang respektvoll. Viele hatten Tränen in den Augen und rangen nach passenden Worten. Das plötzliche AUS der Geburtshilfe in Daun treibt die Menschen wirklich um.

Bereits vor 15 Jahren wurde als Abrechnung in den Krankenhäusern die sogenannte Fallpauschale eingeführt. Landrat Thiel wies auf die Bedeutung des außergewöhnlich starken Angebots medizinischer und pflegerischer Leistungen am Standort Daun hin. Durch das plötzliche AUS der Geburtshilfe durch den Krankenhausträger entsteht eine neue Situation für den Landkreis. Ab 2019 ist der Rettungsdienst dafür zuständig, schwangere Frauen zur nächsten Geburtsstation zu bringen. Der Rettungsdienst wird vom Landkreis organisiert. Mit längeren Anfahrzeiten und Abweisungen an überbelegten Krankenhäusern ist zu rechnen, erläutert Thiel.

Kinderärztin und Kreistagsmitglied Hildegard Slabik-Münter sagte: „Alle tun so, als hätten sie nichts gewusst. Das Thema ist seit 15 Jahren bekannt. Man hätte längst eine Hauptabteilung einrichten können, wenn das Land und der Träger im zweistelligen Millionenbereich in das Dauner Krankenhaus investiert.

Gynäkologe Dr. Steinle

Gynäkologe Dr. Steinle (60) erklärt die aktuelle Situation. Sein Arzt-kollege Dr. Dizdar wird bald 71 Jahre. Dem unermüdlichen Einsatz beider Ärzte ist es zu verdanken, dass die Geburtshilfe-Belegabteilung die letzten Jahre funktioniert hat. Für den Fortbestand wären zwei junge Arztkollegen notwendig, die es leider nicht gibt.

Hebamme Christiane Rübenach erinnert an das Motto, was sich die Hebammen am Dauner Krankenhaus gegeben hatten: „Geburt in Geborgenheit“. Sie stellt auch deutlich klar: „Wir sind nicht hier für das Krankenhaus, sondern für die werdenden Mütter und ihre Familien.“

Anschließend ergriff der kaufmännische Direktor Franz-Josef Jax das Wort und versuchte den Anwesenden zu erklären, warum es als katholischer Träger ein Qualitätsgedanke war, diese Entscheidung so zu treffen. Jax erinnert daran, dass alles bereits in der Presse stand, teils überzogen und nicht immer korrekt dargestellt. Jax: „Dieses Thema begleitet mich seit 21 Jahren im Dauner Krankenhaus“. Jax: „Wären die Gynäkologen Dr. Dizdar und Dr. Steinle und die Kinderärzte Dr. Slabik-Münter und Dr. Ludwig nicht bereit, notärztlichen Dienst bei der Geburtshilfe zu leisten, gäbe es die Geburtshilfe schon länger nicht mehr“. Gespräche mit dem Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz Dr. Heinz waren bisher auch nicht zielführend. „Unter 1.000 Geburten brauchen sie nicht mehr anzufangen“, sagt Dr. Heinz von der KV.

Fakt ist, die jüngeren Arztkollegen erfüllen diese Zusatzleistungen nicht mehr. Es sei auch ein Irrglaube die Abteilung zu retten, wenn man jährlich 500.000 Euro in die Hand nimmt. Es gibt keine bereitwilligen Mediziner, die als Belegarzt in Daun dauerhaft arbeiten wollen.

Astrid Schmitt, Vizepräsidentin im rheinland-pfälzischen Landtag und Kreistagsmitglied: „Wenn ich das höre, muss ich sagen, in unserem Gesundheitssystem läuft etwas schief!“

Karin Pinn, FWG war erstaunt, wie konstruktiv ohne Aggression hier sachlich diskutiert wird. Ihr Apell an die Krankenhausleitung: „Lassen Sie uns die Tür wieder öffnen – wenigstens eine Spalt breit.“

Für MdL Gordon Schnieder, Fraktionschef der CDU im Kreistag, ist das Krankenhaus eine Grundvoraussetzung für den zukunftsorientieren Standort Daun. Schnieder: „Erstaunlich, dass das Aus der Geburtshilfe bereits im neuen Entwurf des Krankenhausplans steht.“ Schnieder weiter: „Warum ist die Geburtshilfe keine Hauptabteilung im Krankenhaus? Die beiden Gynäkologen werden sicherlich nicht am 31.12.2018 ihren Dienst einstellen. Bisher hat das praktizierte System doch funktioniert!“

Für alle drei Politiker stand genauso fest wie für den Landrat: Aufgeben ist der falsche Weg. Ein Moratorium muss geschaffen werden.
Krankenhaus Direktor Franz-Josef Jax mahnt erneut zur Vernunft. Die Umwandlung in eine Hauptabteilung wurde natürlich auch lange geprüft. Auch die Möglichkeit über zusätzliche finanzielle Mittel wurde geprüft. Jax: „Nach aktuell geltendem Gesetz müsste das Krankenhaus schon fast pleite sein, um etwas zu bekommen.“

Das Thema bleibt spannend und emotionsgeladen. Am Mittwoch, 21.11.2018, wird es in Daun eine Demonstration geben. Gespräche mit dem Gesundheitsministerium sind ebenfalls terminiert. Die Eifel-Zeitung hält Sie auf dem Laufenden.

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