Ein humoristisches Gesamtkunstwerk

Axel Hacke begeistert in Daun mit Pointen, Stilblüten und Philosophie

Axel Hacke
Foto: Harald Tittel

Daun. Einen humoristischen Glanzpunkt des Literaturfrühlings beim Eifel-Literatur-Festival haben 540 Besucher im ausverkauften Forum Daun erlebt. Axel Hacke, Kolumnist der Süddeutschen Zeitung und Autor von Bestsellern wie „Der weiße Neger Wumbaba“ oder „Über den Anstand in schwierigen Zeiten“, servierte einen kurzweiligen Querschnitt an Geschichten, die die Lachmuskeln bis an die Schmerzgrenze strapazierten.Wenn Dr. Josef Zierden, Chef des Eifel-Literatur-Festivals, Axel Hacke als den Cary Grant der Autorenwelt bezeichnet, ist das durchaus zutreffend. Mit seiner so smarten wie seriösen Erscheinung könnte Hacke tatsächlich als Filmschauspieler durchgehen, den viele Menschen mit Interesse auf der Leinwand beobachten würden. Ein Glück aber, dass er die Rollen lieber vertauscht und selbst Menschen beobachtet. Denn er hat den Blick für das Bizarre im Alltäglichen, das Übersehene im Augenfälligen, das Große im Kleinen oder das Leichte im Schweren. Und er beherrscht die meisterliche Kunst, all das Ent-Deckte, von Schichten der Gewöhnung oder Nichtbeachtung Befreite, intelligent und sprachlich brillant so zu verpacken, dass Geschichten mit Humor und Tiefgang entstehen.

Axel Hacke

Für Daun hat er davon „nur das Nötigste zusammengerafft, damit wir es, bis es dunkel und auch wieder hell wird, schaffen“. Es ist ein ganzer Stapel Bücher mit über tausend Kolumnen, die er seit 1990 allwöchentlich für die Süddeutsche Zeitung schreibt. Dreh- und Angelpunkt der Texte ist zunächst Axel Hackes eigenes Leben. Die erste köstliche Kostprobe des Abends liefert er aus Anlass des zeitgleich laufenden Fußball-Relegationsspiels mit Fußballgeschichten aus seiner Kindheit. Dann folgen Auszüge aus dem „kolumnistischen Manifest“, genauer aus dem Kapitel „Fahrten in den Kindergarten“. Er beschreibt darin Dialoge, die Sohn und Vater im Auto führen. Als Axel Hacke gerade eine Phase mit Schreibblockade durchlebte und sie auch zuhause thematisierte, entspann sich dieses Gespräch: „Papa, kann man sich seinen Beruf selbst aussuchen?“ „Ja, natürlich“. „Warum machst du dann nicht was, was du wirklich gut kannst?“

Das Publikum lacht noch, da folgt schon die nächste familiäre Kommunikationsgeschichte um eine Weihnachtskugel, die im August noch auf der Flurkommode liegt. „Man müsste die Kugel in den Keller bringen“, stellt Hackes Frau fest. Und er sinniert daraufhin über die merkwürdigen Haushaltsmitglieder „man“, „frau“, „jemand“ oder „einer“, die zwar immer präsent, aber seltsam faul sind. Schließlich erwägt er, ob nicht eine neue Formel Erfolg bringen könnte: „Die Kugel muss hier endlich weggeräumt werden“, ein „Partnerschaftspassiv“, das sich anbietet, wenn Partner oder Partnerin nicht direkt angesprochen und damit in Oppositionshaltung gedrängt werden sollen. Hier, wie in anderen Geschichten, die noch folgen, nehmen Hackes Gedankengänge und -verknüpfungen unkonventionelle Wege und streifen dabei die Philosophie.

Seine pointierten Schilderungen funktionieren wie ein Spiegel – jeder kann sich wiedererkennen und trotzdem Distanz halten, über feinen, spitzfindigen, nie verletzenden Humor. Dass Axel Hacke damit den Nerv seines Publikums trifft, kommt nicht von ungefähr. Denn viele der thematischen Anregungen oder Beobachtungen stammen von denen, für die er seine Geschichten schreibt, den Lesern. Journalist im besten Sinne, sucht Hacke den Kontakt mit ihnen, und freut sich über Zuschriften. So ist beispielsweise auch eine Stilblüten-Sammlung von schrägen Übersetzungen aus ausländischen Speisekarten entstanden. Wie aus „Onion Rings“ „Zwiebel ruft an“ wird oder wie sich „Oberst Huhn drastisch in Weißweincreme ausbreitet“ und statt eines Fischtellers ein „Sockel des Sünders“ aufgelistet ist, das erschüttert die Zwerchfelle.

Ebenfalls strapaziös für die Lachmuskeln ist ein Exkurs über missverstandene Liedzeilen, die inzwischen drei Bücher füllen. Der Titel des ersten, „Der weiße Neger Wumbaba“, ist die Missdeutung von „der weiße Nebel wunderbar“ aus dem Abendlied von Matthias Claudius. Aber immerhin: „Irrtum bringt die Menschen weiter“, findet Hacke. Dank solcher Missverständnisse werde beispielsweise erst das poetische Potenzial des deutschen Schlagers geweckt. So markerschütternd komisch sich der Autor einlässt, so tiefsinnig ist er zuweilen auch, und das aus naheliegenden Gründen. Jemand, der wie er am Puls der Zeit ist, kann angesichts von Terror oder Verrohung nicht immer lustig sein. Aus diesem Grund hat er auch besinnliche Reflexionen verfasst. Aktuell ist es die über den Anstand in der heutigen Zeit. Er gibt dazu nachhallende Denkanstöße, leicht und flott formuliert, aber mit schwerem Gehalt.

Am Ende des Abends brandet nicht enden wollender Applaus auf, und der Autor kommt nicht um eine Zugabe herum. Die Dreingabe, die Dr. Zierden ihm in Form eines hochprozentigen Birnenbrandes aus der Eifel mitgibt, kommentiert er so: „Diese Flasche könnte mich an diesen Abend erinnern, sie reicht aber auch, um jede Erinnerung an ihn zu tilgen“.

v. Anke Emmerling

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