Ein Stoma darf kein Tabuthema sein

Einen „künstlichen Darmausgang“ zu bekommen ist immer eine Zäsur im Leben der Betroffenen. Es ändert sich nicht nur die Art, wie man auf Toilette geht. Viele Betroffene fühlen sich nach der Stomaanlage hilflos und allein gelassen, befürchten, dass sich ihr Leben von Grund auf ändert. Etwa 100.000 Menschen leben in Deutschland mit dieser operativ geschaffenen Körperöffnung, mehr als 70.000 erkranken jährlich an Darmkrebs.So war es auch bei Hans-Ludwig Folscheid aus Alsdorf, der mit 35 Jahren vor der Diagnose Darmkrebs stand. „Die Entscheidung war Operation oder Sterben“, sagt der 59-Jährige heute. Seit 15 Jahren leitet er den Ilco-Stammtisch Bitburg-Prüm, eine Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs. Vorsitzender der Ilco-Eifel-Mosel-Hunsrück ist seit Sommer letzten Jahres Manfred Schneider aus Reil, der bereits seit 1990 mit einem Stoma leben muss. Manfred Schneider und Hans-Ludwig Folscheid gehen ganz offen mit ihrer Krankheit um, obwohl oder gerade weil sie immer noch ein Tabuthema ist. Die positive Aufklärung über das Leben mit Stoma, Betroffenen beizustehen und Mut zu machen sehen beide als die dringlichste Aufgabe an.

Deshalb stellen beide Männer einen großen Teil ihrer Freizeit in den Dienst der Selbsthilfegruppe. Dazu kommen Besuchsdienste im Krankenhaus und die Arbeit für den Verband. „Es wissen immer noch zu wenige Menschen, dass es uns gibt und viele stehen einfach alleine da, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen werden“, sagt Schneider. „Von den Ärzten wünschen wir uns eine noch intensivere Vermittlung der Patienten in unsere Selbsthilfegruppe und auch Referenten, die mal für einen Gruppenabend zur Verfügung stehen.“ „Wer unterstützt mich im Alltagsleben?“, „Was muss ich bei meiner Ernährung beachten?“, „Welche Hilfsmittel benötige ich zur Versorgung des Stomas?“…

Es sind nicht nur Fragen wie diese, auf die die Ilco Betroffenen Antwort gibt. Ebenso entscheidend ist das positive Erlebnis in der Gruppe, das Treffen mit Menschen, denen es genauso geht und der Erfahrungsaustausch mit ihnen. „Bei uns wird aber nicht nur über Krankheiten geredet“, fügt Folscheid an. „Wir unternehmen viel zusammen, schwimmen, wandern oder treffen uns zu Ausflügen.“

Die Ilco-Selbsthilfegruppe Eifel-Mosel-Hunsrück hat ca. 70 Mitglieder. Die „Dunkelziffer“ schätzen Manfred Schneider und Hans-Ludwig aber wesentlich höher. „Die Krankheit kommt immer häufiger vor und die Patienten werden immer jünger.“ Das viele offenbar Angst haben sich zu outen erfuhren Folscheid und Schneider erst kürzlich auf der Trierer Gesundheitsmesse, an der sich die Ilco beteiligte. „Die Leute kommen und fragen nach Infomaterial für ihren Nachbarn, ihren Freund oder die Schwägerin. Dabei muss sich niemand für die Krankheit schämen.“ Manfred Schneider hat längst akzeptiert, dass seine Frau jetzt die Wasserkisten ins Auto heben muss und Hans-Ludwig Folscheid spricht schmunzelnd von seiner „Tupperdose auf dem Bauch“, die ihm das Leben gerettet hat. Beide sind sicher: „Positiv denken ist das Wichtigste“.

Regelmäßige Infoabende in Wittlich: Gruppentreffen in Wittlich finden alle zwei Monate am zweiten Samstag um 15 Uhr im Restaurant Daus, Karrstraße statt. Der nächste Termin ist am 13. April 2013. Für Fragen stehen Manfred Schneider, (0 65 42 / 2 14 21) und Hans-Ludwig Folscheid, (0 65 68 / 72 97) auch gerne telefonisch zur Verfügung. Infos zur Ilco auch online: www.ilco.de. (ste)

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