Ein Geopark in der „Wiege der Menschheit“?

Foto: Natur- und Geopark Vulkaneifel GmbH

Die UNESO-Kommission von Kenia will im Westen des Landes den „Great Rift Valley Geopark“ gründen – es wäre der erste UNESCO-Geopark des Landes und der dritte in Afrika. Die Deutsche UNESCO-Kommission unterstützt diese Initiative, auf Basis einer zehnjährigen Zusammenarbeit mit den kenianischen Kolleginnen und Kollegen.

UNESCO-Geoparks sind Regionen mit bedeutenden Felsformationen, Fossilfundstellen, Höhlen oder Bergwerken. Sie laden ein, auf den Spuren der Vergangenheit den Planeten Erde und die Bedingungen des Lebens besser zu verstehen – die Vergangenheit und die Zukunft unseres Planeten. 140 UNESCO-Geoparks in 38 Staaten gibt es weltweit, doch nur zwei davon in Afrika (Marokko und Tansania). Die kenianische UNESCO-Nationalkommission arbeitet daher bereits seit zwei Jahren daran, den ersten Geopark im Land der „Wiege der Menschheit“ einzurichten.

Das Gebiet des potentiellen Geoparks liegt im Baringo County im Westen Kenias, im östlichen Arm des Großen Afrikanischen Grabenbruchs. Der Grabenbruch ist eines der größten geomorphologischen Systeme weltweit und das längste Tal der Erde. Er ist hier über 100Kilometer breit, am westlichen und östlichen Rand hat das Gelände einen dramatisch abfallenden Höhenunterschied von bis zu 1000 Meter. Im Herzen des Grabenbruchs, dem Kerio Valley, befinden sich die Tugen Hills, ein vulkanischer Höhenzug, der bis über 2000 Meter über dem Meeresspiegel aufragt. Im östlichen Teil des Tals liegen weite Ebenen und große, sehr unterschiedliche Seen, wie der Süßwassersee Lake Baringo und der Salzsee Lake Borgoria. Beide sind von großer Bedeutung für Zugvögel, Flamingos bilden hier beeindruckende Kolonien.

Das Gebiet eignet sich in besonderer Weise dafür, das geologische Erbe des Planeten sichtbar zu machen und Bewusstsein für die Chancen einer nachhaltigen Entwicklung zu schaffen. Dies kann nicht nur durch die beeindruckende Landschaft gelingen, sondern auch durch die große Zahl an Aufschlüssen, Steinbrüchen, Wasserfällen und Fossilienfundstätten.

Die Menschen im Baringo County leben vorwiegend von der Landwirtschaft, genauer Weide- und Milchwirtschaft sowie dem Anbau von Mais, Erdnüssen, Baumwolle und Kaffee. Daher sind weite Teile des Flachlands Weideland für Ziegen, Schafe, Rinder und Kamele. Auch die Imkerei ist bedeutend, Bio-Honig von Akazienbäumen ist eine derzeit verfolgte Idee der lokalen Regierung für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.

Touristisch ist das Gebiet bislang wenig erschlossen. In der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus auch für internationales Publikum liegt das zentrale Potential eines künftigen Geoparks. Anders als in vielen Gegenden Kenias stünden Wildtiere nicht im Vordergrund, sie sind aufgrund der Viehzucht in der Region selten. Gerade dies ist eine Chance für die lokalen Akteurinnen und Akteure, um für Kenia neben dem Wildtier- und dem Badetourismus ein weiteres Standbein zu schaffen – ausgerichtet auf das geologische und kulturelle Erbe des Landes. Davon gibt es reichlich: Bei der Bereisung konnte eine kulturhistorische Fundstelle mit Steinkreisen identifiziert werden, die bislang ausschließlich der unmittelbar lokalen Bevölkerung bekannt war.

UNESCO-Geoparks zeichnen sich, neben Erhalt und Erschließung bedeutenden geologischen Erbes für nachhaltige Entwicklung, vor allem durch eine tiefe Verankerung in der Bevölkerung und durch intensive internationale Vernetzung aus.

Deshalb ist auch in Kenia Interesse und Unterstützung der lokalen Bevölkerung die oberste Priorität, damit diese die Errichtung „ihres“ Geoparks aktiv mitgestaltet. Dafür sorgt die kenianische UNESCO-Kommission seit der ersten Idee für die Initiative. Auch die Förderung der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen sowie der Erhalt und die Nutzung lokalen und indigenen Wissens sind Thema.

Ebenso ist internationale Vernetzung des zukünftigen Geoparks wichtig; neben deutschen Experten ist auch Unterstützung aus Großbritannien geplant. Sobald die UNESCO-Anerkennung des Great Rift Valley Geopark naherückt, soll er auch als Ausgangspunkt für weitere Geoparks im Land und in anderen Ländern Afrikas dienen. Daher bedeutet die Unterstützung der Initiative für den Great Rift Valley Geopark auch eine Stärkung des UNESCO-Weltnetzes der Geoparks in Afrika.

Dr. Andreas Schüller (re) und Hartmut Escher (li.). Foto: Natur- und Geopark Vulkaneifel

Dies ist der wichtigste Grund für die Unterstützung des Projekts durch die Deutsche UNESCO-Kommission. Sie finanzierte im November 2018 einen Trainingsworkshop für das in Kenia gerade erst gegründete Geopark-Nationalkomitee, sowie eine einwöchige Bereisung zur Sichtung und Vermessung des Geopark-Gebiets. Die deutschen Experten, die Kenia hierbei unterstützt und beraten haben, sind die Geschäftsführer der beiden deutschen UNESCO-Geoparks Vulkaneifel und TERRA.vita, Dr. Andreas Schüller und Hartmut Escher. Beide konnten ihre Expertise aus Dutzenden von internationalen Evaluierungen und Beratungsreisen einbringen. Ein Folgeworkshop zur Erstellung eines Dossiers zur Nominierung an die UNESCO und ein Konsultationstreffen mit relevanten politischen Akteuren zur Planung und Umsetzung von Infrastruktur und Beschilderung sind in Vorbereitung.

Der Weg zu einer möglichen Anerkennung durch die UNESCO ist zwar noch weit – die ersten großen Schritte zum „Great Rift Valleys Geopark“ sind aber in deutsch-kenianischer Kooperation bereits gemacht. Das Gebiet profitiert schon jetzt von den neuen Perspektiven, die die Vision eines UNESCO-Geoparks mit sich bringt.

 

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