Interview: Im Umgang freundlich und verbindlich, in der Sache konsequent

Für die SPD und CDU in Rheinland-Pfalz wird die Landtagswahl am 13. März 2016 eine Art Schicksalswahl. Auch wenn es noch fünf Monate bis zur Wahl sind: Längst hat der Wahlkampf begonnen. Kippt die politische Stimmung im Land? Bei der jüngsten Sonntagsumfrage des SWR vom September 2015 lag die CDU weit vorn.Die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende und Oppositionsführerin Julia Klöckner ist vor wenigen Tagen ohne Gegenstimme als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2016 nominiert worden. Das Ergebnis zeigt deutlich die Geschlossenheit und Entschlossenheit der Landes-CDU, nach fast 25 Jahren Opposition wieder auf die Regierungsbank zurückzukehren. Die Eifel-Zeitung hat nach diesem Traumergebnis mit der Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen CDU Julia Klöckner gesprochen.   

Eifel-Zeitung: Liebe Frau Klöckner, beim jüngsten Landesparteitag der CDU Rheinland-Pfalz in Frankenthal wurden Sie einstimmig zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl und für das Amt der Ministerpräsidentin nominiert. Herzlichen Glückwunsch dazu! Wie geht es jetzt weiter?

kloeckner_julia_40_15_4Julia Klöckner: „Vielen Dank! Das war ein ereignisreicher Parteitag in Frankenthal – meine Nominierung und zuvor die Wahl unseres Generalsekretärs standen auf der Tagesordnung. Mit 98,2 % wurde Patrick Schnieder wiedergewählt. Das bringt natürlich Rückenwind für die kommenden Monate. Bis zum Wahltag, dem 13. März 2016, ist es nicht mehr lange hin. Wir haben als Partei und Fraktion in den vergangenen fast fünf Jahren viel geleistet. Wir haben uns programmatisch und personell aufgestellt, beständig gearbeitet und die Landesregierung vor uns hergetrieben. Nicht nur mit unseren Flüchtlingsgipfeln, auch in der Verkehrs-, in der Bildungs- oder in der Familienpolitik. Rheinland-Pfalz braucht einfach neuen Schwung und frische Kraft nach 25 Jahren SPD-geführter Regierungen. Viele sagen: Es wird einfach Zeit. Deshalb: Wir sind bereit!“

Eifel-Zeitung: Aber worauf müssen wir uns einstellen? Wird der Wahlkampf weiblicher, weil erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zwei Frauen gegeneinander antreten?

Julia Klöckner: „Die Tatsache, dass zwei Frauen gegeneinander antreten, macht den Wahlkampf vielleicht ein Stück weit bunter, weil wir nicht nur dunkle Anzüge tragen, aber am Ende geht es um Inhalte. Die kommenden Generationen wird es nicht interessieren, welches Geschlecht das Sagen hatte, sondern ob die richtigen Entscheidungen getroffen worden sind. Wenn ein Land so hoch verschuldet ist wie Rheinland-Pfalz oder wenn die Straßen so marode sind, dann braucht es klare Entscheidungen, egal ob von einem Mann oder einer Frau. Mein Credo in politischen Auseinandersetzungen ist: im Umgang freundlich und verbindlich, in der Sache konsequent.“

Eifel-Zeitung: Sie waren jüngst im Land unterwegs und besuchten unter dem Stichwort ‚Treffpunkt Julia Klöckner‘ nacheinander alle Landkreise. Erzählen Sie doch einmal von den Eindrücken Ihrer Tour.

Julia Klöckner: „Weit über 2000 km habe ich zurücklegt. In allen Landesteilen bin ich gewesen und die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz hatten wirklich viel zu erzählen. Ob es der mittelständische Unternehmer beim Firmenbesuch war, eine Angestellte, die ich in ihrer Mittagspause auf dem Wochenmarkt getroffen habe, die Mutter an der Kita oder der Rentner im Altenheim – die Vielfalt des Lebens, das ist unser Land. Die Anliegen der Menschen vor Ort sind von Angesicht zu Angesicht immer besser zu verstehen. Ich konnte viele Anregungen für meine politische Arbeit in Mainz gewinnen.“

Eifel-Zeitung: Frau Klöckner, zu Ihren Terminen im Land zählen auch Besuche in Erstaufnahmeeinrichtungen. Die Flüchtlingskrise überschattet im Augenblick alle Diskussionen in Gesellschaft und Politik. Während eine Seite eine unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen fordert – einige Grüne sind für eine Abschaffung der sog. sicheren Drittstaaten – wird auf der anderen Seite vor einer Überforderung der Gesellschaft gewarnt. Wie sollen Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz mit der Krise umgehen?


kloeckner_julia_40_15_2Julia Klöckner:
„Unser Land und Europa stehen vor Aufgaben, die wir uns vor kurzem kaum vorstellen konnten. Allein schon die große Anzahl der Menschen, die zu uns kommen. Mit einem Willkommen alleine ist es ja nicht getan, sondern es braucht eine Begleitkultur, klare Regeln, aber auch Konsequenz bei der Anwendung und Umsetzung des Rechts, auch der Grenzen. Viele Menschen machen sich Gedanken, ob wir die Integration so vieler Menschen schaffen können. Können wir, wenn wir es richtig anstellen. Aber Extrempositionen, egal von welcher Seite, sind gefährlich. Wichtig ist, dass wir helfen, wo Hilfe geboten ist. Denen, die von wo auch immer fliehen müssen, weil ihr Leben in Gefahr ist. Viele steckten in Lagern, hinter Stacheldraht in Kälte und Matsch, haben Angehörige verloren und wurden verfolgt. Manche kamen auf blutigen Füßen bis nach Deutschland. Das ist die eine Seite. Es geht aber auch darum, wie Zuwanderung in Bahnen gehalten werden kann, wie eine Gesellschaft gefördert, gefordert, aber nicht überfordert wird.“

Eifel-Zeitung: Viele fürchten sich aber vor den Auswirkungen der Aufnahme einer derart großen Zahl an Flüchtlingen, noch dazu aus einem fremden Kultur- und Glaubensraum.

Julia Klöckner: „Wir müssen die Fragen und Sorgen aus der Mitte der Bevölkerung ernst nehmen. Viele davon sind diffuse Bedrohungsgefühle, die auf einem Mangel an Informationen basieren. Die Verantwortung in der Politik geht in beide Richtungen – wir müssen tun, was jetzt zur Hilfe notwendig ist, dürfen aber nicht vergessen, die Gesellschaft mitzunehmen. Im Übrigen können wir dies nicht alleine schultern. Hilfe, Schutz, Versorgung – all das kann Europa, das muss Europa gemeinsam angehen, nicht nur Deutschalnd, Schweden und Österreich.“

Eifel-Zeitung: Was können wir hier in Rheinland-Pfalz ganz konkret besser machen?

Julia Klöckner: „Zur jetzigen Willkommenskultur muss dringend eine Begleitkultur kommen. Da fängt die Aufgabe erst richtig an. Menschen, die länger hier bleiben werden, müssen vom ersten Tag an eingebunden werden. Sie müssen die deutsche Sprache lernen, Gesetze, Regeln und Gepflogenheiten erklärt bekommen – auch die Gleichwertigkeit von Mann und Frau akzeptieren, das Grundgesetz gilt für alle. Wir brauchen eine frühzeitige, adäquate Förderung. Aber wir fordern auch ganz klar: Jeder, der hier bleiben möchte, muss sich deutlich zu unserer Rechts- und Werteordnung bekennen. Diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben, dürfen gar nicht erst auf die Kommunen verteilt, sondern müssen umgehend zurückgeführt werden in ihre Herkunftsländer.“

Eifel-Zeitung: Wächst der Ministerpräsidentin die Flüchtlingskrise über den Kopf?

kloeckner_julia_40_15_3Julia Klöckner: „Unsere Landesregierung gibt da gerade kein gutes Bild ab. Erst blockiert Rot-Grün im Bundesrat bei der Anerkennung sicherer Herkunftsländer. Dann unterläuft Rot-Grün die Regelung mit einem Winterabschiebestopp, was zur Folge hat, dass immer mehr Menschen aus dem Balkan zur Flucht bewegt werden, trotz minimalster Bleibeperspektiven. Weiter geht es damit, dass diese Menschen viel zu früh in die Kommunen geschickt werden, statt sie drei Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung zu belassen bis ihr Antrag bearbeitet worden ist. Auf eine koordinierte Sammelrückführung verzichtet die Landesregierung, stattdessen weist die zuständige Ministerin die Kommunen darauf hin, dass sie keinen Gebrauch von der aktiven Abschiebung machen, sondern die maximale Zeit abwarten sollen. So kann es einfach nicht funktionieren.“

Eifel-Zeitung: Was glauben Sie, wie sieht unsere Gesellschaft in zwanzig Jahren aus?

Julia Klöckner: „Ich schaue zuversichtlich in die Zukunft, wenn es uns jetzt gelingt, klar, koordiniert und strukturiert die Integration in den Arbeitsmarkt, in die Nachbarschaft oder in die Vereine zu bewältigen. Zuwanderung kann auch immer ein Kreativitätsschub für eine Gesellschaft sein, und unser demographischer Wandel wird abgefedert. Wie gesagt, ich bin zuversichtlich, dass wir aus dieser ungewöhnlichen Situation gestärkt herauskommen.“

Eifel-Zeitung: Schauen wir noch einmal zurück auf Rheinland-Pfalz. Sie haben es zu Beginn bereits angesprochen: Am 13. März nächsten Jahres wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. Wenn Sie Ministerpräsidentin werden, was wollen Sie anders machen?

Julia Klöckner: „Ich stehe für eine Politik solider Finanzen. Das ist Zukunftssicherung. Als Ministerpräsidentin werde ich einen ehrlichen Kassensturz machen. Wir alle in Rheinland-Pfalz haben das Recht zu wissen, wie viel Geld und Verbindlichkeiten wirklich in welchen Kassen des Haushalts und den Nebenhaushalten stecken und wie hoch der Schuldenstand wirklich ist. Außerdem werden wir den Verfall der Landesstraßen aufhalten, die Polizei personell verstärken und dafür sorgen, dass Gerichte nicht überlastet werden. In der Bildung müssen wir stärker auf Qualität setzen. Mit mir wird es kein Schreibenlernen nach Gehör geben. Und ganz wichtig: der Zusammenhalt der Generationen, die Pflege und ärztliche Versorgung auch im ländlichen Raum.“

Eifel-Zeitung: Warum kann sich die rheinland-pfälzische Wirtschaft auf eine Ministerpräsidentin Julia Klöckner freuen?

kloeckner_julia_40_15_1Julia Klöckner: „Wirtschaft und Unternehmertum brauchen Sicherheit und Verlässlichkeit. Zukunftssicherung bedeutet in diesem Kontext, den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu stärken und attraktiv zu gestalten. Wertschätzung bringt Leistung. Eine CDU-Regierung wird der rheinland-pfälzischen Wirtschaft wieder die Wertigkeit geben, die sie verdient. Das bedeutet ganz konkret: wir wollen fünf Jahre keine zusätzlichen finanziellen oder bürokratischen Belastungen für Unternehmen, wir wollen Ideen, Innovationen, neuen Raum geben und neue Technologien fördern. Dazu gehört eine gute Infrastruktur und das in mindestens zweierlei Hinsicht, nämlich eine gute Verkehrsinfrastruktur – wir wollen die Mittel für den Straßenerhalt und den Straßenbau aufstocken – und ein flächendeckendes Breitbandnetz. Unter einer CDU-Regierung werden wir auch das Wirtschaftsministerium neu aufstellen und daraus eine Schaltstelle machen, die den Namen ‚Wirtschaftsministerium‘ verdient.“

Eifel-Zeitung: Die optische Linie, mit der die CDU in den Wahlkampf zieht, sieht auf den ersten Blick dynamisch aus. Wie sieht es aber mit konkreten Inhalten aus?

Julia Klöckner: „Wir haben uns wieder für einen offenen Programmprozess entschieden. Noch tüfteln in den Arbeitskreisen unserer orangenen Denkfabrik Parteimitglieder, Vertreter von Verbänden und Vereinen, aber auch interessierte Bürgerinnen und Bürger an den Inhalten unseres Wahlprogramms. Den wichtigen Impulsen aus diesen Runden möchte ich an dieser Stelle nicht vorgreifen – aber unsere Schwerpunkte werden sicher Bildung, Wirtschaft, Verkehr und innere Sicherheit sein.“

Eifel-Zeitung: Vielen Dank für das Gespräch. 

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