Kommunal- und Verwaltungsreform: Entwicklung in der Oberen Kyll

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Lothar Schun

In der Sitzung des Verbandsgemeinderates der VG Obere Kyll am 8. April 2014 wurde das sogenannte Eckpunktepapier für eine mögliche Fusion der VG Obere Kyll und Prüm mit zwei Gegenstimmen (Heinrich Lentz Steffeln, Josef Vietoris Gönnersdorf) verabschiedet. Eine weitere Abweichung gab es durch den Lissendorfer Ortsbürgermeister Lothar Schun (FWG). Bei der Abstimmung wollte er sich zunächst seiner Stimme enthalten, nahm dann jedoch bei der Abstimmung Platz bei den Zuschauern. Als Grund gab er einen möglichen Interessenkonflikt zwischen seinem Amt als Ortsbürgermeister und als Mitglied des Verbandsgemeinderates an.  Grund für die Eifel-Zeitung, dieses zu hinterfragen.EAZ: Herr Schun, warum haben Sie sich der Stimme auf diese Weise enthalten?

Schun: Zunächst muss ich etwas zur Vorgeschichte sagen. Nachdem die Verhandlungen mit Gerolstein und Hillesheim scheiterten, gab es für die VG Obere Kyll nur die Alternativen, entweder mit Prüm zu verhandeln oder nichts zu tun und sich dem Schicksal zu ergeben. In dieser Situation habe ich die bisherigen Beschlüsse mit Prüm zu verhandeln, mitgetragen. Dabei ging es immer darum, in Gänze zu fusionieren. Nachdem jedoch die Ortsgemeinde Steffeln – was ja auch ihr gutes Recht ist – eine Eingliederung in die VG Gerolstein anstrebt und das Land diese Möglichkeit offenbar nicht ausschließt, stellt sich für die Ortsgemeinde Lissendorf eine neue und besondere Situation dar.

EAZ: Worin besteht diese?

Schun: Nun, zunächst würde in diesem Fall die Ortsgemeinde Lissendorf durch die gemeinsame Grenze mit Steffeln unmittelbarer Nachbar der VG Gerolstein. Zudem verbinden uns mit Steffeln der gemeinsame Besuch unserer Kinder in der Kindertagesstätte und Grundschule Lissendorf.  Da meines Erachtens außerdem die Bürger mehr Beziehungen zu Gerolstein haben wie z. B. Krankenhaus und Gymnasium, muss geprüft werden, ob sich die Ortsgemeinde Lissendorf sich dem Wunsch der Steffelner anschließt. Dabei stellt sich die gleiche Frage auch für die Ortsgemeinde Birgel, mit der wir in dieser Lage eng zusammenarbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Orte mit guter nachbarschaftlicher Beziehung und vielen Verbindungen in unterschiedlichen Verbandsgemeinden sind.

EAZ: Wie wollen Sie mit dieser Situation umgehen?

Schun: Ich denke, hier wäre es falsch, nunmehr unter Zeitdruck etwas in den letzten Wochen der Legislaturperiode zu entscheiden. Ich werde dem Gemeinderat vorschlagen, dass der Rat in seiner neuen Zusammensetzung möglichst schnell nach der konstituierenden Sitzung sich mit dem Thema beschäftigt. Eine Vorentscheidung durch den alten Rat empfinde ich eher als schlechten Stil. Außerdem werde ich dem Gemeinderat vorschlagen, zusammen mit der Kommunalwahl eine Bürgerbefragung zu diesem Thema durchzuführen.

EAZ: Warum erst jetzt die Beteiligung der Bürger?

Schun: Wir haben eine repräsentative Demokratie, in der zunächst die vom Volk gewählten Vertreter die Entscheidungen treffen. Ich habe mich deshalb erst einmal zurückgehalten. Zudem gab es kaum ausreichende Informationen um eine solch wichtige Entscheidung zu treffen. Dazu hat leider auch das Land beigetragen, welches durch eine Vielzahl widersprüchlicher oder fehlender Aussagen zur Verwirrung beigetragen hat.
Nun finden zwei Informationsveranstaltungen statt, die von Verbandsgemeinde und Kreis durchgeführt werden. Hier hat der Bürger Gelegenheit, sich möglichst viele Informationen zu verschaffen, die es bislang so noch nicht gab.
Hinzu kommt ein anderes Argument: Das Land, sowie der mögliche Partner für eine Eingliederung, nämlich die VG Gerolstein, erwarten ein klares Bekenntnis für den evtl. Veränderungswunsch. Dieses soll durch eine Bürgerbefragung dokumentiert werden, wenn sie denn so ausfällt.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich auch den Wunsch anderer Ortsgemeinden für einen Wechsel nach Prüm verstehe. Wenn sich das Land für eine Fusion der VG Obere Kyll als ganze Einheit mit Prüm entscheidet, werde ich auch kein Problem damit haben.  Wenn Lissendorf sich aber für Gerolstein ausspricht,  ist dies eine Entscheidung „Pro Gerolstein“ und nicht „Kontra Prüm“ und diese Entscheidung sollte Gehör finden.

EAZ: Wie sehen die anderen Ortsbürgermeister der VG Obere Kyll und die Verwaltung diese Entwicklung?

Schun: Nicht alle sind glücklich damit.  Einige werfen mir vor, plötzlich mein Verhalten geändert zu haben. Dies ist jedoch nicht so, weil sich die Grundlage für die bisherigen Beschlüsse geändert hat. Außerdem ist die Ortsgemeinde Lissendorf die erste Nachbargemeinde, die von einer geänderten Grenze der VG`s betroffen wäre, ausgenommen Stadtkyll, die sich jedoch klar für Prüm entschieden haben.
Es wird wohl niemand ernstlich von mir als Ortsbürgermeister verlangen, die Interessen der Ortsgemeinde hinten anzustellen. Aber nochmals: Zunächst strebe ich eine Entscheidung der Lissendorfer Bürger an.

EAZ: Wir danken für das Gespräch.

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