Landrat Thiel blickt optimistisch in die Zukunft

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Landrat Heinz-Peter Thiel

Daun. Bei der Jahresabschlusssitzung des Kreistags Vulkaneifel weckte Landrat Heinz-Peter Thiel Optimismus im Hinblick auf einen ausgeglichenen Haushalt. Einige Mitglieder erinnern sich noch an die Zeit vor ca. 20 Jahren, in der es das letzte Mal gelang die Ausgaben und Einnahmen des Kreises zu decken. Die neusten Zahlen zeigen jedoch, dass dieses Ziel keine bloße Wunschvorstellung mehr, sondern durchaus zu realisieren ist. „Wir sind auf einem guten Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt. 2016 wäre es beinah soweit gewesen“, erklärte Landrat Heinz-Peter Thiel bei der Kreistagssitzung am 07.12.2015. Das Defizit des Gesamthaushaltes hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert, wozu die boomende Wirtschaft einen maßgeblichen Teil beigetragen hat. Die Einnahmen des Kreises belaufen sich auf 101,27 Millionen Euro, die Ausgaben auf 102,24 Millionen Euro. Der Fehlbedarf sinkt somit im Vergleich zum Vorjahr um rund 1.815.700 Euro auf knapp 971.000 Euro. Ein Minus von fast 1.000.000 Euro ist immer noch eine beachtliche Summe, doch für den Landtag und die Kreisvertreter ist es ein Erfolg und rückt das Ziel in Sichtweite. Bis Ende Dezember werden nach jüngsten Prognosen mehr als 700 Flüchtlinge im Landkreis Vulkaneifel erwartet. Zu deren Unterbringung ist der Landkreis gesetzlich verpflichtet. Im Landkreis werden aktuell rund 290 Wohnungen für die Flüchtlinge, die in diesem Jahr kommen, zusätzlich gebraucht, Tendenz steigend. Vor dem Hintergrund der steigenden Zahlen sieht sich die Kreisverwaltung veranlasst, die bisherigen Kapazitäten für die Unterbringung zu erhöhen. Durch die ansteigende Zahl von Flüchtlingen steht der Landkreis Vulkaneifel nicht nur in Fragen der Unterbringung vor großen Herausforderungen.

Wichtigster und entscheidender Schritt zur Integration von Flüchtlingen ist das Erlernen der deutschen Sprache. Nur mit Kenntnissen der deutschen Sprache werden die Menschen aus Kriegs- und Krisenländern einen guten Start in unserem Land haben. Wie wichtig die Deutschkenntnisse für die Flüchtlinge selbst auch sind, die Erfahrung machen auch die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung Vulkaneifel. Die dort ankommenden Menschen fragen immer wieder nach, wann sie denn endlich einen Sprachkurs belegen und Deutsch lernen können. Für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive, die aus den Ländern Syrien, Eritrea, Irak und Iran kommen, gibt es für die Bildungsträger seit kurzem die Möglichkeit „Einstiegskurse“ mit einem Umfang von 320 Unterrichtsstunden anzubieten, die über die Bundesagentur für Arbeit gefördert und finanziert werden.

Vor diesem Hintergrund haben sich vor einigen Tagen die kommunalen Bildungsträger im Landkreis Vulkaneifel mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung Vulkaneifel getroffen, mit dem Ziel dezentral im Landkreis Vulkaneifel diese „Einstiegskurse“ anzubieten. Hierfür suchen die kommunalen Bildungsträger noch Lehrkräfte, die Flüchtlingen Kenntnisse in der Deutschen Sprache vermitteln können. Gesucht werden pensionierte Lehrer/innen, Studenten auf Lehramt oder Frauen und Männer mit pädagogischen Fähigkeiten, die sich vorstellen können, auf Honorarbasis mindestens 20 Wochenstunden Deutsch für Flüchtlinge zu unterrichten. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an: Wolfgang Vierbuchen, Katholische Erwachsenenbildung Westeifel, Tel.: 06551/96556-0 C.Stahl


Interview mit Landrat Thiel

Die Eifel-Zeitung hat zum Thema Flüchtlinge mit dem amtierenden Landrat Heinz-Peter Thiel gesprochen.

EAZ: Das Thema Flüchtlinge beschäftigt die Bevölkerung, die Medien, die Behörden. Wie sieht das momentan in nackten Zahlen für den Landkreis Vulkaneifel aus?Landrat Thiel: Im Jahr 2015 hatten wir bisher bereits rund 600 Zuweisungen, d.h. Flüchtlinge, die aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Trier auf uns als Landkreis verteilt und bei uns angekommen sind. Bis Jahresende rechnen wir mit insgesamt bis zu 700 Zuweisungen für das Jahr 2015. Hinzu kommen als neue große Herausforderung seit dem 01.11.2015 auch alleinreisende, minderjährige Flüchtlinge, die wir in Jugendhilfeeinrichtungen oder Gastfamilien unterbringen müssen. Aktuell werden bei uns 19 minderjährige Flüchtlinge betreut.

EAZ: Die Flüchtlingszahlen sollen weiterhin steigen, die eine oder andere Kommune in anderen Landkreisen scheint jetzt schon überfordert. Wie läuft die Unterbringung im Landkreis Vulkaneifel konkret ab?
Landrat Thiel: Die Menschen, die uns anvertraut werden, betrachten wir zunächst einmal vorbehaltlos als schutzbedürftig und sind bemüht zusammen mit den Verbandsgemeinden entsprechend Wohnraum zu schaffen. Wir haben in der Kreisverwaltung diesbezüglich seit einigen Wochen personell umstrukturiert und das Wohnungsraummanagement intensiviert. d.h. wir ermitteln Leerstände, die für die Unterbringung von Flüchtlingen angemietet werden können. Wir versuchen die Menschen so weiterhin grundsätzlich zuerst in privaten Wohnraum unterzubringen. Um jedoch auch kurzfristig reagieren zu können, wenn nicht genügend privater Wohnraum direkt vorhanden ist, haben wir darüber hinaus sog. Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis geschaffen. Die Gemeinschaftsunterkunft in Steineberg bringt bereits seit Jahrzehnten Flüchtlinge unter. Desweiteren haben wir ein Hotel in Kelberg angemietet, eine Gemeinschaftsunterkunft in Jünkerath und auf der Burg in Kerpen geschaffen und ganz neu werden ab dieser Woche im ehemaligen Haus Christina in Desserath Flüchtlinge untergebracht.

EAZ: Wie viele Flüchtlinge erwarten Sie derzeit und was kostet das den Kreis?
Landrat Thiel: Wir gehen davon aus, dass aus den stark ausgelasteten, über 20 landesweit eingerichteten Erstaufnahmeeinrichtungen verstärkt Zugänge vor allem auch über den Jahreswechsel kommen werden. Mit wie vielen Menschen wir rechnen müssen und wie lange die Situation anhält, wäre wie ein Blick in die Glaskugel. Das können wir derzeit nicht abschätzen. Für uns steht zunächst einmal die Unterbringung der Menschen im Vordergrund, nicht die Kosten. Einen Großteil der entstehenden Kosten bekommen wir von Bund und Land rückerstattet. Am Ende des Tages wird spitz abgerechnet.

EAZ: Aus welchen Ländern kommen die Flüchtlinge in unseren Landkreis?
Landrat Thiel: Der Großteil der aktuell zu uns kommenden Menschen kommt aus Syrien, aber auch aus Ländern wie Eritrea, Irak, Iran, Afghanistan oder Pakistan, Somalia, Armenien.

EAZ: Über welchen Weg kommen die Flüchtlinge in unseren Landkreis?
Landrat Thiel: Reisen Flüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland ein, werden sie zunächst in der räumlich nächstliegenden Aufnahmeeinrichtung versorgt. Von dort werden Sie nach einem bundesweiten Verteilschlüssel, dem sog. Königssteiner Schlüssel auf die Länder verteilt. Rheinland-Pfalz werden 4,8 % der schutzsuchenden Menschen zugewiesen. Aufnahmeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz gibt es derzeit in Trier, Ingelheim, Hermeskeil und in Kürze auch in Kusel. Daneben gibt es viele Außenstellen. Nach einer Verweildauer von bis zu 3 Monaten in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes werden die Menschen dann nach einer einwohnerbasierenden Quote auf die Landkreise in Rheinland-Pfalz bzw. die kreisfreien Städte verteilt. Der Landkreis Vulkaneifel muss demnach bis zu 1,5 % der in Rheinland-Pfalz ankommenden Flüchtlinge aufnehmen.

EAZ: Inzwischen sieht es so aus, als würden dem Kreis viel mehr Flüchtlinge zugewiesen. Sind wir im Kreis entsprechend vorbereitet?
Landrat Thiel: Die Zahlen sind tatsächlich angestiegen. Haben wir noch vor Monaten durchschnittlich 20 Menschen pro Woche zugewiesen bekommen, so sind es seit mehreren Wochen durchschnittlich 40 pro Woche. Wir sind im Landkreis gut aufgestellt und vorbereitet. Gerade bei uns im ländlichen Raum sind viele Leerstände und ist dementsprechend Wohnraum vorhanden. Wir haben zum einen die Anmietung von privatem Wohnraum mit verstärktem Personaleinsatz intensiviert. Zum anderen haben wir 5 Gemeinschaftsunterkünfte geschaffen, weitere sind in Vorbereitung.  Wenn wir uns nicht entsprechend auf die Situation vorbereitet hätten, hätte ich heute schon auf Turnhallen, Gemeindehäuser oder Gewerbehallen zurückgreifen müssen. Das möchte ich nach Möglichkeit verhindern.

EAZ: Und wie geht das in 2016 weiter?
Landrat Thiel: Wir werden auch 2016 der Herausforderung mit einem gut strukturierten, Menschen zugewandten Verwaltungsprozedere und einem starken bürgerschaftlichen Engagement gerecht werden. Ich werde mich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung gemeinsam mit den Sozialbehörden der Verbandsgemeinden  weiterhin bemühen, die Menschen möglichst gut bei uns aufzunehmen. Ich werde aber auch die Menschen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen und damit kein Anrecht auf Asyl bei uns haben, zur freiwilligen Ausreise bewegen.

EAZ: Wie optimistisch sind Sie, dass der Landkreis Vulkaneifel finanziell auch diese Hürden nehmen kann?
Landrat Thiel:  Die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der Asylbegehrenden ist eine Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung, eine humanitäre Selbstverständlichkeit. Die Frage, ob der Landkreis Vulkaneifel finanziell diese Hürde nehmen kann stellt sich somit überhaupt nicht.

EAZ: Die Flüchtlingskrise überschattet im Moment alle anderen Themen. Wie sehr sind Sie persönlich dadurch belastet?
Landrat Thiel: Die Thematik beschäftigt mich natürlich derzeit tagtäglich. Von persönlicher Belastung würde ich hier jedoch nicht sprechen. Wir sind den Anforderungen entsprechend verantwortlich unterwegs. Die Geschichte wird noch geschrieben. Außerdem leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen diesbezüglich eine hervorragende Arbeit.

EAZ: Wie erleben Sie die Stimmung im Kreis in Bezug auf die Flüchtlinge?
Landrat Thiel: Die Stimmung im Landkreis im Bezug auf die Flüchtlinge erlebe ich als absolut positiv. Gerade vergangenen Sonntag war ich beim Tag der offenen Tür  in der Gemeinschaftsunterkunft in Kerpen. Ein tolles Engagement und nette und offenherzige Begegnungen. Die Bereitschaft der Vulkaneifeler die Menschen, die zu uns kommen, aufzunehmen ist prägender und stärker als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Verständliche Zurückhaltung gibt es dort, wo noch kein Kontakt erlebt wurde. In nahezu allen Dörfern im Landkreis bilden sich private und institutionelle Willkommenspaten, Begegnungsstätten. Unzählige Menschen engagieren sich ehrenamtlich und tragen somit zu einer anhaltenden positiven Willkommenskultur bei.

EAZ: Wie läuft es mit den Sprachkursen im Landkreis?
Landrat Thiel: Bisher wurde und wird  in jeder Verbandsgemeinde zweimal die Woche Sprachunterricht durch unterschiedlichste Institutionen und Einrichtungen angeboten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ehrenamtliche, die hier tätig sind. In Abstimmung mit den kommunalen Bildungsträgern im Landkreis ist ein dezentrales Angebot von sog. „Einstiegskursen“, die durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden, umgesetzt worden.  Ein erster „Einstiegskurs“ mit insgesamt 320 Unterrichtsstunden ist bereits in der letzten Woche in Daun gestartet, weitere Kurse starten noch in diesem Monat in Kelberg, Steineberg, Jünkerath und Gerolstein. Insgesamt haben die Bildungsträger im Landkreis auf diesem Weg 7 Sprachkurse organisiert. Rund 140 Flüchtlinge sind in diesen Tagen eingeladen mit dem Sprachkurs zu beginnen.

Seit November sind darüber hinaus die sog. Integrationskurse (600 Unterrichtsstunden) für  Asylbewerber und Geduldete mit jeweils guter Bleibeperspektive geöffnet worden. Integrationskurse bietet die Dekra Akademie aktuell in Gerolstein und Daun an.

Alle weiteren Info´s sowie die jeweiligen Ansprechpartner findet man auch auf der Homepage des Landkreises Vulkaneifel unter www.vulkaneifel.de

EAZ: Vielen Dank für das Gespräch Herr Landrat!
C.Stahl

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