So werden Steuergelder in Rheinland-Pfalz schamlos verschleudert

Mainz. Das neue Schwarzbuch ist da. Über 100 gravierende Fälle aus ganz Deutschland dokumentieren beispielhaft den verschwenderischen Umgang mit Steuergeld. Dieses Mal liegt der Fokus auf dem Thema „Explosion von Baukosten“. Doch ebenso finden sich Fälle von unsinnigen Fehlplanungen, teuren Fehlern, chaotischem Controlling und vieles mehr. Rheinland-Pfalz ist dieses Jahr mit sieben Fällen dabei – das Land mit vier Fällen, die Kommunen mit drei Fällen. Die größten Skandale stellt Ihnen die Eifel-Zeitung in den kommenden Wochen vor.Kurt Beck verschleudert Steuergelder an SPD-Günstling

Erst SPD-Staatssekretär, dann Oberbürgermeister – das kommt vor. Im Fall der Stadt Koblenz wurde der damalige rheinland-pfälzische Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig jedoch kurz vor dem Jobwechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Durch diesen Trick wurde ihm eine Zusatzpension aus der Landeskasse gewährt und der Großteil der späteren Pensionslasten auf Koblenz abgewälzt. Während die Landesregierung sich keiner Schuld bewusst ist, prüft Koblenz eine Klage.

Koblenz. Wer wechselt schon gern den Job, um weniger zu verdienen? Als der rheinland-pfälzische SPD-Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig seinerzeit vor der Entscheidung stand, für das Amt als Oberbürgermeister (OB) von Koblenz zu kandidieren, dürfte ihm klar gewesen sein, dass damit ein finanzieller Abstieg verbunden ist. Doch er kandidierte und gewann die Wahl. Die Ernennung zum Oberbürgermeister erfolgte im April 2010. Unter normalen Umständen wäre Hofmann-Göttig damit ohne Sondervergünstigungen aus dem Landesdienst ausgeschieden. Allerdings wurde er als Staatssekretär wenige Tage vorher vom damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Eine rechtlich unnötige Entscheidung, deren ganze finanzielle Tragweite erst Jahre später öffentlich wurde.

Aufgrund der Versetzung in den Ruhestand erhielt SPD-Mann Hofmann-Göttig zusätzlich zu seinen OB-Bezügen ein Ruhegehalt vom Land von über 1.000 Euro pro Monat. Laut Landesrechnungshof sollen sich die vom Land gezahlten Versorgungsbezüge bis Ende der OB-Amtszeit auf etwa 140.000 Euro summieren. So weit, so schlecht.

Als es Mitte 2018 zum Stabwechsel an der Stadtspitze kam, musste Koblenz laut Presseberichten nun als letzter Dienstherr den Löwenanteil der Pensionszahlungen übernehmen, obgleich Hofmann-Göttig fast 20 Jahre lang als Staatssekretär für das Land Rheinland-Pfalz tätig war. Insofern hatte die alte Landesregierung Beck nicht nur eine Zusatzpension verschenkt, sondern konnte auch noch den Großteil der künftigen Pensionslasten auf Koblenz abwälzen. Die Rechnungsprüfer schätzen die Gesamtbelastung der Stadt dafür auf rund 700.000 Euro, Koblenz machte gegenüber dem Steuerzahlerbund noch keine Angaben dazu.

Allerdings kamen die finanziellen Spätfolgen des Pensionsgeschenks bei vielen Kommunalpolitikern nicht so gut an. Koblenz hat daher ein Gutachten erstellen lassen, um u. a. seine Chancen für eine Klage gegen das Land zu prüfen, das aber aus prozesstaktischen Gründen noch nicht veröffentlicht wurde. Das Land Rheinland-Pfalz ist sich dagegen keiner Schuld bewusst und verweist auf das Beamtengesetz, das in diesem Fall eine jederzeitige und grundlose Ruhestandsversetzung zulässt. Auf eine BdSt-Anfrage hin nannte die Staatskanzlei keine Sachgründe für die Ruhestandsversetzung.

Der Bund der Steuerzahler kritisiert:

Es gab eine Zeit in Deutschland, da verteilten Kaiser, Könige und Fürsten huldvoll Leibrenten aus der Staatskasse, um treue Günstlinge zu belohnen. Die Monarchie ist tot, doch die politische Unsitte der Geldgeschenke für Günstlinge blieb. Für die umstrittene Ruhestandsversetzung von Joachim Hofmann-Göttig mitsamt den finanziellen Folgen gab es keine rechtliche Notwendigkeit. Schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass sich ein amtierender Oberbürgermeister eben nicht im „Ruhestand“ befindet.

Dass es auch anders gegangen wäre, zeigt der neue Koblenzer OB. David Langner war gleichfalls Staatssekretär beim Land, wurde jedoch laut Stadt für den Jobwechsel nicht in den einstweiligen Ruhestand geschickt. Demokratie und Willkür vertragen sich nicht. Deshalb gehören sachgrundlose Ruhestandsversetzungen mit goldenem Handschlag abgeschafft.

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