Warum es zu Rindsrouladen bald nur noch Klöße gibt

Angeblich sind feine Tischmanieren wieder im Kommen. Weg waren sie ja nie lange. Entdeckt wurden die „Tischzuchten“ im mittleren Europa unter anderem von Karl dem Großen, dem es nicht mehr passte, wenn sich Essensteilnehmer beim Festmahl gegenseitig erschlugen. Das war zwar einige Jahrhunderte nach den ersten Benimmregeln der Chinesen und Araber, aber es war immerhin ein guter Anfang hier in dieser Gegend. Als dann im frühen Mittelalter Frauen an den Tafeln mit Platz nahmen, kamen weitere großartige Fortschritte dazu. So schnäuzte man sich nicht mehr in die hohle Hand, weil man Selbige vielleicht noch an die Dame legen wollte. Auch schmatzte und rülpste man nicht mehr gar zu laut, denn bei einer größeren Gästezahl konnte das wohl zu stark die Heldenberichte vom Chef aus dem letzten Kreuzzug übertönen. Als dann mit der Dreifelderwirtschaft und anderer wissenschaftlicher Methoden die Hungersnot immer seltener am Tisch des Normalbürgers und Bauern mit Platz nahm und nicht mehr unbedingt die Fressmenge Oben von Unten unterschied, wurden die Tischsitten an den Adelshöfen dermaßen verfeinert, das der Plebs nicht mehr nach kam. Nichtsdestotrotz haben betuchte Bürgerliche, oder welche, die der Illusion anhingen betucht zu sein, hunderte Jahre lang versucht, die hochwohlgeborenen Zeremonien zu imitieren. Als dann die Zeit kam, wo die Majestäten die Rothschilds anpumpen mussten, war es mehr und mehr vorbei mit dem „Trendsetting“. Und seit dieser Zeit haben sich die Regeln des feinen Tischbenehmens wenig verändert. Und man merkt ihnen an, das sie teilweise ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel haben. Brennende Fragen nach der Ablage des Handys links oder rechts vom Teller oder ob man Spare Ribs mit den Fingern essen darf, fallen recht blass aus. Als es dann eine Zeitlang nicht mal mehr anging, den dicken Geldsack heraus hängen zu lassen, wurden die oberfeinen Manieren zur belächelten und exotischen Randerscheinung des Lebens. Nicht, das jetzt jeder wieder den Tafelgenossen erschlug oder die Suppe aus der Schüssel trank, aber das Zerquetschen einer Kartoffel in der Soße war nicht mehr gleichbedeutend  mit sofortiger gesellschaftlicher Ächtung. Aber das soll sich ja jetzt wieder ändern.
Naja, gibt´s halt nur noch Klöße zur köstlichen Rouladensoße: die kann man zerreißen und dann ditschen…
 

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