Alternative Energiepflanzen im Landkreis Cochem-Zell auf dem Vormarsch

pr Saatgut
Interessiert nehmen die Projektbeteiligten das neue Saatgut der Silphie in die Hände. Bisher mussten die Felder immer mit vorkultivierten Jungpflänzchen bestückt werden.

Startschuss zu Versuchsprojekt in der Bioenergie-Region

Alflen. Die Stimmung ist gut im „Alten Backes“ in Alflen, als der Erste Vorsitzende der Energieagentur „unser-klima-cochem-zell e. V.“, Landrat Manfred Schnur, die Projektbeteiligten begrüßt. Wer möchte da an Konfliktfelder denken? Und doch gilt es in dieser Runde ein ehrgeiziges Projekt zu starten. Schon seit einigen Monaten wurden in der Energieagentur des Landkreises Projektgruppensitzungen und Veranstaltungen zum Thema „Alternative Energiepflanzen“ unter Beteiligung der Interessentenkreise Landwirtschaft, Imkerei und Jagdwesen durchgeführt und brisante Konfliktfelder „beackert“. Nun wurde es Zeit den Worten auch Taten folgen zu lassen.

„Beim Thema Biogas denkt fast jeder an großflächige Maisäcker. In unserer Region kann von einer sogenannten „Vermaisung“ nicht die Rede sein, doch in anderen Teilen Deutschlands ist es ein echtes Problem und wird in den Medien auch als solches vordergründig dargestellt. In unserem Landkreis belegen die Flächen für den Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen etwa 1600 ha. Also lediglich etwas mehr als 6 Prozent der Anbauflächen. Eine Zahl die im Vergleich zum Bundes- und auch Landesdurchschnitt mehr als verträglich ist.“, erklärt Schnur.

pr Unterzeichnung Kooperation
Vorsitzender der Energieagentur „unser-klima-cochem-zell e. V.“, Landrat Manfred Schnur unterzeichnet im Beisein der vielen Projektbeteiligten die Kooperationsvereinbarung mit den Landwirten.
Vorne v. l. n. r.: Thomas Heidberg, Hohannes Heinzen, Landrat Schnur, Hermann Kesseler
Hinten v. l. n. r.: Dr. Jürgen Bestajovsky (Firma Freudenberger), Nicole Jobelius-Schausten (Bioenergie-Region Cochem-Zell), Dirk Barbye (unser-klima-cochem-zell e. V.), Volker Berg (Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz), Hans-Jürgen Sehn (Bauern- und Winzerverband), Rudolf Schneiders (Ortsbürgermeister Alflen), Dr. Christoph Otten (Fachzentrum Bienen und Imkerei), Dr. Herbert von Francken-Welz (DLR Eifel)

Landwirte als Hauptakteure
Im Beisein der Projektbeteiligten unterschrieben die Landwirte Thomas Heidberg, Briedeler Heck, Johannes Heinzen, Alflen und Hermann Kesseler, Lutzerath gemeinsam mit Landrat Schnur die Projekt- und Kooperationsvereinbarung für die 5-jährige Versuchsdauer. Die Landwirte hatten sich bereiterklärt, Feldflächen zur Verfügung zu stellen um dort Alternativen zum Mais anzubauen und diese für eine Versuchsdauer von 5 Jahren im Hinblick auf Ertrag, Wildschäden und Bienentracht zu untersuchen. Finanziert wird dieses Projekt von der Energieagentur des Landkreises mit Förderung des Wettbewerbes der Bioenergie-Regionen. Die fachliche Begleitung übernimmt dabei das DLR Eifel (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum). Die Trachtmessungen werden von Fachzentrum Bienen und Imkerei durchgeführt.

prJungspflanzen und Saatgut SilphieDie Versuchsflächen
Drei Versuchsflächen wird es zukünftig in unterschiedlichen Lagen des Landkreises geben. In Alflen soll schon in der kommenden Woche mit der Aussaat des vorbehandelten Drillsaatgutes der durchwachsenden Silphie begonnen werden. Eine Besonderheit, denn bisher hat es viele Landwirte davon abgehalten es mit diesem Korbblütler zu versuchen, da die zarten Pflänzchen einzeln gepflanzt werden mussten. Durch großes Engagement der Energieagentur war es möglich geworden, erstmalig in Rheinland-Pfalz ein vorbehandeltes Drillsaatgut des Fachhändlers zu bekommen, was sowohl die Kosten als auch den Arbeitsaufwand reduzierte.

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Eine hübsche Pflanze, die der Bauer nach etwa zwei Jahren getrost sich selbst überlassen kann, liefert über Jahre hinweg zuverlässig reichlich Futter für Biogasanlagen. Sie ist kein Güllefresser, lässt also kein Nitrat ins Trinkwasser einsickern, sie bewahrt den Boden vor Erosion, unsere Landschaft vor der “Vermaisung” und den Bauern vor Wildschäden: Wildschweine lieben Mais, lassen die Silphie aber hoffentlich links liegen. Außerdem sagt man dieser „Wunderpflanze“ nach, dass Sie einen überaus positiven Einfluss auf die Gesundheit der Bienenvölker hat. Die Kultur blüht von Juli bis September mit faustgroßen gelben Blüten, was sie für Imker sehr interessant macht und auch manchen Spaziergänger und Wanderer erfreuen dürfte. Martin Bauer, nahm in Vertretung für den Vorsitzenden des Imker-Kreisverbandes Cochem-Zell die Silphiepflänzchen für die heimischen Imkergärten in Empfang. Über dieses Projekt möchte man auch den Imkern selbst die Möglichkeit geben, Erfahrungen mit der „Bienenpflanze“-Silphie zu machen.

In Lutzerath wird schon in diesem Sommer eine Fläche mit Wildpflanzen für ein buntes Erscheinungsbild sorgen. Dort wurde von Landwirt Kesseler eine mehrjährige Wildpflanzenmischung der Firma Freudenberger aus Krefeld ausgebracht. Diese stellten das Saatgut für die Versuchsflächen kostenfrei zur Verfügung. Die Vorteile beim Anbau von Wildpflanzenmischungen liegen in dem geringen Aufwand und der Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Durch die mehrjährige Nutzungsdauer mit nur zwei jährlichen Arbeitsschritten (Düngung und Ernte) ist der Produktionsaufwand gering. Außerdem bieten die Blütenpflanzen den Bienen und anderen Blütenbesuchern gerade in der blütenarmen Zeit im Spätsommer zusätzliche Nahrungsquellen.

Im Hunsrück wird im Ortsteil Maiermund / Briedeler Heck ein großes Szarvasifeld wachsen. Landwirt Thomas Heidberg hat dieses bereits angelegt. Diese Energiepflanze zeigt sich ähnlich wie Grünland, allerdings nur mit zwei Schnitten im Jahr (statt drei oder vier). Es handelt sich um eine Dauerkultur, folglich gibt es keine Erosionsprobleme. Die Pflanze wird ausgesät und bleibt dann mit ihren Wurzeln zehn bis zwanzig Jahre im Boden. Das Schnittgut soll sich einwandfrei für die Verarbeitung in der Biogasanlage eignen. Es könnte die lange gesuchte echte Alternative zum Energiemais mit seinen vielfältigen Problemen (Bodenerosion, Wildschäden, Maiswurzelbohrer etc.) sein. Bleibt also abzuwarten, welche Pflanzen im Landkreis Cochem-Zell das Rennen machen und Lösungsansätze bieten werden.

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