Bundeskartellamt legt Tätigkeitsbericht 2017/18 und Jahresbericht 2018 vor

Bonn, 27. Juni 2019: Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat heute den „Tätigkeitsbericht 2017/2018“ sowie die Broschüre „Jahresbericht 2018“ der Behörde vorgestellt. Die Vorlage des Tätigkeitsberichts erfolgt alle zwei Jahre. Mit ihm kommt das Amt seiner Berichtspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag nach, dem der Bericht zur Kenntnisnahme und Aussprache vorgelegt wird.

Schwerpunkt Internetwirtschaft und Schutz der Verbraucher

Andreas Mundt: „Wir haben eine klare digitale Agenda. Gegenüber großen Internetplattformen verfolgen wir im Wesentlichen zwei Ziele: Wir wollen die Märkte für den Wettbewerb offen halten und das Ausnutzen von Marktmacht gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern verhindern. In Sinne dieser Agenda hat auch unsere Entscheidung gegen Facebook, die Sammlung persönlicher Daten zu begrenzen, eine unmittelbar den Verbraucher schützende Komponente. Und wir tragen dafür Sorge, dass Wettbewerber, die nicht den gleichen Datenzugang haben wie Facebook, in Zukunft gestärkt werden. Zum Schutz des Wettbewerbs treiben wir unser Verfahren gegen Amazon wegen seiner Geschäftsbedingungen gegenüber den auf dem Amazon Marketplace tätigen Händlern voran. Zum besseren Verständnis digitaler Märkte erarbeiten wir gemeinsam mit der französischen Wettbewerbsbehörde ein umfassendes Papier zum Thema „Wettbewerb und Algorithmen“ und wir treiben unsere Sektoruntersuchung zum Thema „Online-Werbung“ voran. Einen klaren Bezug zur digitalen Wirtschaft haben auch unsere drei Sektoruntersuchungen mit rein verbraucherrechtlichem Hintergrund zu den Themen „Online-Vergleichsportale“, „Smart-TVs“ und „Einsatz von Nutzerbewertungen auf digitalen Portalen“.“

Im Frühjahr 2019 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Facebook abgeschlossen und dem Unternehmen Vorgaben gemacht, die Daten der Nutzer künftig nicht mehr aus verschiedenen Quellen sammeln und zusammenführen zu dürfen (siehe PM des Bundeskartellamtes vom 7. Februar 2019). Nachdem Facebook Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt hat, wird dazu im Laufe dieses Jahres eine erste Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf erwartet.

Aufgrund zahlreicher Beschwerden führt das Bundeskartellamt derzeit u.a. ein Verfahren gegen Amazon, um die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern auf dem deutschen Marktplatz amazon.de zu überprüfen. Nach dem gemeinsam mit der Autorité de la concurrence, der französischen Schwesterbehörde des Bundeskartellamtes, erarbeiteten Papier zum Thema „Big Data im Wettbewerbsrecht“ erarbeiten beide Behörden derzeit gemeinsam ein weiteres Papier zum Thema „Bedeutung von Algorithmen im Wettbewerbsrecht“. Eine Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes zum Thema Online-Werbung soll ein besseres Verständnis der digitalen Werbemärkte ermöglichen.

Im Sommer 2017 hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt erste Kompetenzen für einen behördlichen Verbraucherschutz eingeräumt. Die Behörde kann Untersuchungen einleiten. Eingriffsmöglichkeiten auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind dem Bundeskartellamt für diesen Bereich hingegen bislang nicht übertragen worden. Eine neu eingerichtete Abteilung hat seitdem eine Sektoruntersuchung zur Transparenz und Fairness von Vergleichsportalen abgeschlossen sowie weitere Sektoruntersuchungen zum Umgang mit den Nutzerdaten bei Smart-TVs und eine Untersuchung zu Nutzerbewertungen im Internet eingeleitet.

Andreas Mundt: „Wir haben bei den Vergleichsportalen Defizite offengelegt, die wir nicht abstellen können. Weitere Untersuchungen laufen bei Smart-TVs und zu Nutzerbewertungen. Es wäre sicher im Sinne der Verbraucher, wenn der Gesetzgeber einen zweiten Schritt gehen würde und uns gewisse Eingriffsbefugnisse gerade mit Blick auf die digitale Wirtschaft einräumen würde.“

Kartellverfolgung

2018 hat das Bundeskartellamt rund 376 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt 22 Unternehmen bzw. Verbände und 20 natürliche Personen verhängt. Betroffen waren Branchen wie Edelstahl-Hersteller, Abpackbetriebe für Kartoffeln und Zwiebeln, Zeitungsverlage und die Walzasphaltproduktion. Die Behörde haben 25 sogenannte Bonusanträge und zahlreiche weitere Hinweise auf eventuelle Kartellverstöße erreicht. Sieben Durchsuchungsaktionen bei insgesamt 51 Unternehmen wurden 2018 durchgeführt.

Andreas Mundt: „Kartellverfolgung bleibt eine Kernaufgabe des Bundeskartellamtes. Im laufenden Jahr 2019 haben wir bislang Kartellverfahren wegen Absprachen bei Lesezirkel-Anbietern sowie im Bereich Fahrradgroßhandel wegen vertikaler Preisbindungen abgeschlossen. Die Ermittlungen in einigen weiteren Verfahren sind bereits weit fortgeschritten. Auch wenn die Zahl der Kronzeugenanträge insgesamt über die vergangenen Jahre rückläufig ist, bleibt dieses Instrument unser wichtigstes Mittel, um komplexe Kartelle aufzudecken und die Tatbeteiligung von oftmals vielen Kartellanten aufzuklären. Insgesamt ähneln gerade große Kartellfälle auch aufgrund der gerichtlichen Anforderungen an die Aufklärungsarbeit mehr und mehr wirtschaftsstrafrechtlichen Großverfahren. Die Komplexität der Ermittlungen ist über die letzten Jahre deutlich gestiegen.“

Fusionskontrolle

Im Jahr 2018 wurden rund 1.300 Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt angemeldet. Davon wurden 13 Vorhaben in der sogenannten zweiten Phase vertieft geprüft. Drei Vorhaben wurden freigegeben, eines nur unter Auflagen. In vier Fällen haben die beteiligten Unternehmen ihre Anmeldung aufgrund von Bedenken des Bundeskartellamtes im Hauptprüfverfahren zurückgenommen. Fünf dieser Hauptprüfverfahren wurden erst im laufenden Jahr 2019 beendet.

In den ersten Monaten des Jahres 2019 kam es in vier Fällen im Hauptprüfverfahren zu Rücknahmen der angemeldeten Vorhaben in Reaktion auf die vorläufigen wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes (Total/Görgen, National Geographic/Gruner&Jahr, Ameos/Sana-Kliniken und IBM/T-Systems). Untersagt hat das Bundeskartellamt im Jahre 2019 die Übernahme des Falzmaschinenherstellers MBO durch die Heidelberger Druckmaschinen AG und den Zusammenschluss der beiden Gleitlager-Hersteller Miba und Zollern.

Andreas Mundt: „Für die USA weisen Studien eine zunehmende Konzentrationstendenz aus. In Europa ist dieser Trend bislang nicht zu beobachten, auch wenn es in einigen Bereichen zu konzentrativen Auswirkungen infolge von Globalisierung und Digitalisierung kommt. Eine wirksame Fusionskontrolle ist daher wichtig. Die neue auf die Digitalwirtschaft gerichtete Transaktionswert-Schwelle von 400 Mio. Euro, die dem Amt die Prüfung von Übernahmen von Unternehmen mit geringen Umsätzen erlaubt, funktioniert in der Praxis. Zu wettbewerblich problematischen Fällen ist es hier bislang nicht gekommen. Insgesamt belegen die Zahlen, dass das Amt sehr viele Fusionsfälle prüft, deutlich mehr als andere Wettbewerbsbehörden. Im Rahmen der anstehenden GWB-Novelle wäre daher eine Entlastung bei den Fallzahlen einerseits und eine Konzentration auf die für die Verbraucher wirklich wichtigen Fälle andererseits sinnvoll. Die Fusionskontrolle ist insgesamt komplexer geworden. Marktabgrenzung und ökonomische Auswirkungen jedes einzelnen Vorhabens werden von uns sorgfältig mit modernen ökonomischen Methoden geprüft. Wir erheben Daten, sehen Unternehmensinterna ein, führen Befragungen durch und machen uns ein umfassendes Bild von den tatsächlichen Marktgegebenheiten, seien diese regional, europäisch oder global.“

Den Tätigkeitsbericht 2017/2018 sowie den Jahresbericht 2018 finden Sie auf der Internetseite des Bundeskartellamtes.

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