Interview: Warum nicht alle Banken schlecht sind

Elmar Schmitz, Vorstandschef der Volksbank RheinAhrEifel

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Es ist wahr: Seit der Finanz- und Staatsschuldenkrise hat sich das Image der Banken und Sparkassen verschlechtert. Zu Recht – findet Elmar Schmitz, Vorstandsvorsitzender der Volksbank RheinAhrEifel eG, und spricht im Interview kritisch über die eigene Branche, die „Abzocke“ und das schwindende Vertrauen der Bevölkerung in die Banken. Doch wer sind die Banken? Beraten alle nur zum eigenen Vorteil oder gibt es Unterschiede? Wir versuchen dies im Gespräch zu ergründen.

EAZ: Herr Schmitz, aktuell sorgt das Thema „Dispozinsen“ für Furore. In den Medien ist von „Abzocke“ die Rede, Zinssätze von bis zu 22 Prozent werden diskutiert. Was ist das besondere am „Dispo“ und wie sind die Zinsen bei der Volksbank?

Schmitz: Der Dispositionskredit bietet dem Kunden innerhalb einer festgelegten Kreditlinie eine Überziehungsmöglichkeit, um kurzzeitige Geldengpässe zu überbrücken oder um den Traum von einem Urlaub oder neuen Möbeln kurzfristig und schnell wahr werden zu lassen. Für jede Lebenssituation bietet der Dispo eine optionale Reserve. Die Beantragung ist schnell, unbürokratisch und unkompliziert. Die Rückzahlung kann durch laufende Gehaltseingänge auf dem Girokonto erfolgen und der Kunde hat durch aktuelle Informationen auf seinem Kontoauszug vollständige Transparenz, welche Sollzinsen für welchen Betrag anfallen. Natürlich zahlt der Kunde diese auch nur solange, bis er wieder im Plus ist. Jedoch ist der Dispo nur für einen kurzfristigen Engpass gedacht. Wer längerfristige oder größere Anschaffungen finanzieren will, kann seinen Bedarf jederzeit in einen Kredit umwandeln.

Um den Kunden eine möglichst große Transparenz und faire, aktuelle Konditionen zu gewährleisten, führte die Volksbank RheinAhrEifel eG 2010 eine automatisierte „Zinsgleitklausel“ ein. Dadurch profitieren unsere Kunden von allen Zinsveränderungen ihrer Dispositionskredite entsprechend dem aktuellen Zinsniveau. Allein im vergangenen Jahr wurden auf Grund des niedrigen Zinsniveaus die Zinsen viermal gesenkt. Hier spielt auch die Europäische Zentralbank (EZB) eine Rolle, da sie den Leitzins vorgibt, an dem wir uns neben anderen Zinskomponenten orientieren.

EAZ: Aber die Zinserträge durch Dispokredite sind doch eine gute Einnahmequelle für Banken?

Schmitz: Das Geschäftsmodell der Volksbank RheinAhrEifel ist einfach: Man gibt uns Geld und bekommt dafür Zinsen. Wir verleihen das Geld weiter und verlangen dafür Zinsen – das ist das Urgeschäft einer Bank. Der Kredit ist der Motor für die regionale Wirtschaft. Die meisten Investitionen in unserer Heimat werden erst durch Kredite ermöglicht. Für einige Banken ist und bleibt es auch eine große Ertragsquelle, jedoch ist es bei uns so, dass der Bestand der Dispokredite nur rund 0,9 Prozent der Bilanzsumme beträgt. Als Genossenschaftsbank steht für uns nicht die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt, sondern immer die wirtschaftliche Förderung unserer Mitglieder. Jedes einzelne Mitglied ist Repräsentant unseres ganz besonderen Geschäftsmodells und steht für die Werte, die uns wichtig sind: Demokratie, Verantwortung und Vertrauen.

EAZ: Herr Schmitz, welchen Zinssatz für Dispokredite bieten Sie Ihren Kunden?

Schmitz: Aktuell bieten wir unseren Kunden einen Sollzinssatz von 9,75 Prozent. Im Vergleich zu anderen sind wir damit nicht die günstigste Bank, aber bei weitem auch nicht die teuerste. Wir bieten unseren Kunden und Mitgliedern ein hohes Maß an Vertrauen und Offenheit. So haben wir auch bereits vor rund einem Jahr die Überziehungszinsen abgeschafft. Also die Zinsen, die anfallen, wenn die vereinbarte Kreditlinie überschritten wird.

Aber der Zinssatz alleine ist oftmals nicht ausschlaggebend. So kann es sein, dass ein Dispokredit, der rund 10 Prozent Zinsen „kostet“, im Endeffekt günstiger ist als ein regulärer Kredit mit 5 Prozent. Dies ist immer abhängig von der Laufzeit und der Rückzahlung, da der Dispo-Zinssatz sich nur auf die in Anspruch genommene Summe bezieht.

Im Zeitalter des Internets und der weltweiten Vergleichbarkeit ist es uns als regionaler Bank auch nicht möglich, dem Kunden immer den besten Zinssatz zu präsentieren. Direkt- oder Großbanken haben andere Strukturen, sich zu finanzieren oder sie nehmen Risiken in Kauf, die wir als genossenschaftliche Bank nicht eingehen wollen. Wir bieten unseren Kunden faire Produkte zu fairen Preisen. Bei uns stehen die ganzheitliche Beratung und der persönliche Kontakt in unseren 33 Filialen im Vordergrund.

EAZ: Die Einlagenzinsen haben sich in den letzten Jahren von ca. 4,0 auf 0,5 bis 1,0 Prozent entwickelt. Das kann man von den Zinsen der Dispokredite nicht sagen.

Schmitz: Dies ist nicht ganz richtig – jedenfalls was die Volksbank RheinAhrEifel anbelangt. Wir haben uns in den vergangenen Jahren stets an den aktuellen Marktentwicklungen und dem vorgegebenen Leitzins der EZB orientiert. Seit 2008 sind wir um 4,5 Prozentpunkte mit dem Zinssatz nach unten gegangen. Wenn Sie sich die Leitzinsentwicklung der EZB ansehen, werden Sie denselben Trend bemerken.

Aber da Sie die Einlagen erwähnen – Was wir bei einer Geldanlage nicht vergessen dürfen: Höhere Zinsen bedeuten in der Regel höheres Risiko. Bei der Volksbank RheinAhrEifel sind Kundenanlagen sicher – dies garantiert nicht zuletzt unsere genossenschaftliche Sicherungseinrichtung, die nicht nur alle Einlagen zu 100 Prozent sichert, sondern darüber hinaus auch einen Institutsschutz für alle Volks- und Raiffeisenbanken bietet. Der beste Schutz ist aber das genossenschaftliche Prinzip, das auf lokaler Verankerung und Nachhaltigkeit basiert und bei dem die Interessen der Mitglieder vor Gewinnmaximierung rangieren.

EAZ: Herr Schmitz, wie steht die Volksbank zu der aktuellen Kritik um die Bankenbranche?

Schmitz: Es ist nicht unsere Art, andere Banken zu kritisieren. Die aktuelle Diskussion um die Dispozinssätze entsteht dadurch, dass es Banken gibt, auch große Geschäftsbanken, die Sollzinsen in Höhe von 13 bis 15 Prozent von ihren Kunden verlangen. Die „geduldete Überziehung“, also wenn die eingeräumte Kreditlinie überschritten wird, liegt meist mit rund 4 Prozentpunkten noch darüber. Die aktuelle Diskussion lässt glauben, dass Banken alle gleich und vor allem gleich „unlauter“ sind. Aber die Bankengruppen dürfen keinesfalls alle im Kollektiv über einen Kamm geschoren werden. Von allgemeinen Schuldzuweisungen distanzieren wir uns als regionale Genossenschaftsbank ganz klar. Wir lassen uns mit den unverantwortlichen „Zockerbanken“ – die es ohne Zweifel nach wie vor gibt – nicht in eine Schublade stecken.

EAZ: Vielen Dank für das Gespräch!

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